Ein Leben mit der Landwirtschaft
Erinnerungen von „Bauer Reiche” an Kötzschenbroda
Im Jahr 2020 wäre er 100 Jahre alt geworden: Karl Reiche, der Großvater von Stephan Reiche, dem jetzigen Inhaber des Hofladens Altkö. Aus diesem Anlass erschien im Radebeuler Notschriften-Verlag ein Buch, das seine gesammelten Aufzeichnungen enthält.
Karl Reiche war eine Institution in Altkötzschenbroda und im Ort als „Bauer Reiche“ bekannt. Noch heute geht man zu Bauer Reiche, wenn man im Hofladen Altkö einkauft, obwohl weder sein Sohn Dietmar, noch sein Enkel Stephan im eigentlichen Sinne Bauern geworden sind, sondern sich als Gemüse- und Gartenbauer spezialisiert haben.
Kurz vor seinem Tod im Jahr 2017 drückte Karl Reiche dem Verleger Jens Kuhbandner 20 Hefter mit größtenteils handschriftlichen Manuskriptseiten in die Hand. Im Buch „Ein Leben mit der Landwirtschaft“ sind diese Aufzeichnungen jetzt veröffentlicht, „behutsam bearbeitet, sortiert und gekürzt“, wie Jens Kuhbandner schreibt, und soweit möglich den „für Karl Reiche typischen Erzählstil“ wiedergebend. Fünf im Buch eingestreute Tonbandaufnahmen – einfach aufzurufen über einen QR-Code – geben den Lesern die Möglichkeit, sich Bauer Reiche im Original anzuhören.
Das Buch ist keine Autobiografie, es ist ein Zeitzeugendokument. Die Aufzeichnungen sind nicht chronologisch, sondern thematisch geordnet: Jugend, Ackerbau, Obstanbau, Weinbau, Viehhaltung, Fuhrwesen und Pferde, Bauen, Zeit nach 1945. Ein extra Abschnitt ist Anton Falinski gewidmet, dem polnischen Zwangsarbeiter, der auch nach dem Ende des 2. Weltkriegs weiterhin treu seinen Dienst auf dem Bauernhof verrichtete, bis Karl Reiche nach fünf Jahren aus russischer Kriegsgefangenschaft zurückkehrte. Er blieb in Kötzschenbroda und wurde Teil der Familie.
Die detailreichen Schilderungen geben einen guten Einblick in die Lebens- und Arbeitswelt der damaligen Zeit. Man lernt viel und ist oft erstaunt über die harte körperliche Arbeit und die langen Arbeitszeiten, die Karl Reiche – und nicht nur er – damals schon in sehr jungen Jahren leisten musste. Aber man erfährt auch etwas über sein großes Hobby, seine Leidenschaft: Geflügelzucht. Und auch manche Anekdote ist dabei, so zum Beispiel der „Hühnertunnel“ von 1936: Ein öffentlicher Personenweg wurde untertunnelt, damit die Hühner vom Hausgarten zum Obstgarten gelangen konnten.
Sachlich und unaufgeregt schildert Karl Reiche auch die Zeit nach 1945. Er erzählt, wie die Bauern auf seine Initiative hin eine landwirtschaftliche Produktionsgenossenschaft gegründet haben, so den staatlichen Werbern zuvorgekommen sind und damit die Art des Betriebes bestimmen konnten. Bescheiden schreibt er davon, wie ihm unterbreitet wird, dass er „eine ganz andere Tätigkeit“ übernehmen soll, nämlich die „Pausenversorgung der Mitglieder“ etlicher Betriebe. Die aufmerksamen Leser erfahren, dass die neuen Aufgaben als Küchenchef im Gasthof Kaditz „sehr umfangreich“ und die nötigen Lebensmittel oft schwer zu bekommen waren.
Mit dem Buch ist ein lebendiges Stück Heimatgeschichte entstanden. Prädikat: Lesenswert!
Infos für Interessenten
Ein Leben mit der Landwirtschaft
Erinnerungen von „Bauer Reiche“ an Kötzschenbroda
Notschriften-Verlag 2020
Hardcover, 21 x 13,5 cm
224 Seiten, mit einigen Schwarz-Weiß-Fotos
ISBN 978-3-948935-06-1
www.notschriften.com
Verkauf im Hofladen Altkö
Altkötzschenbroda 45 a
01445 Radebeul